Mineralwasser ist nicht gleich Mineralwasser: Der entscheidende Unterschied den 90 Prozent der Eltern übersehen

Mineralwasser gilt als natürlichstes Getränk überhaupt – reines Wasser aus unterirdischen Quellen, ohne Zusätze, ohne Kalorien, perfekt für Kinder. Diese Vorstellung entspricht jedoch nicht immer der Realität in den Supermarktregalen. Viele Eltern greifen zu speziellen Mineralwässern für ihre Kleinen, ohne zu ahnen, dass einige dieser Produkte mehr enthalten als nur H2O und natürliche Mineralien.

Das stille Wasser, das nicht so still ist

Bei genauerem Blick auf die Zutatenliste mancher stiller Mineralwässer offenbart sich eine überraschende Tatsache: Nicht jedes Wasser besteht ausschließlich aus Wasser. Natürliches Mineralwasser ist amtlich anerkannt – das einzige Lebensmittel in Deutschland, das ein Verfahren mit über 200 geologischen, chemischen und mikrobiologischen Untersuchungen durchlaufen muss. Per Definition muss es aus unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen stammen. Die gesetzlichen Vorgaben erlauben dennoch bestimmte Behandlungen und sogar einzelne Zusätze.

Besonders bei Produkten, die sich explizit an Familien mit Kleinkindern richten, erwarten Verbraucher absolute Reinheit. Die Verpackungsgestaltung mit fröhlichen Motiven und der Hinweis auf die Eignung für die Zubereitung von Babynahrung verstärken diesen Eindruck. Dabei können selbst diese Wässer Substanzen enthalten, die zwar zugelassen sind, aber nicht zwingend notwendig wären.

Welche Zusatzstoffe verstecken sich im Mineralwasser?

Die rechtliche Lage ist komplex: Während natürliches Mineralwasser grundsätzlich unbehandelt bleiben soll, sind bestimmte Verfahren und Zusätze erlaubt. Kohlensäure ist der einzige erlaubte Zusatz für Mineralwasser. Auch bei stillem Wasser kann Kohlensäure technisch zugesetzt werden, beispielsweise wenn natürliche Kohlensäure entfernt und später wieder hinzugefügt wird. Das Etikett muss dabei zwischen „mit eigener Quellkohlensäure versetzt“ und „mit Kohlensäure versetzt“ unterscheiden.

Zur Desinfektion und Entfernung von Eisen-, Mangan- oder Schwefelverbindungen sowie Arsen darf Mineralwasser mit Ozon behandelt werden. Entgegen weit verbreiteter Annahmen muss dieses Verfahren auf dem Etikett gekennzeichnet werden. Manche Wässer enthalten natürlicherweise höhere Fluoridgehalte. Mineralwasser mit über 1,5 mg Fluorid pro Liter muss den Hinweis tragen, dass es für Kinder unter sieben Jahren nicht zum regelmäßigen Verzehr geeignet ist.

Die Grauzone der Aufbereitung

Noch problematischer wird es bei Tafelwasser und Quellwasser, die häufig neben Mineralwasser im Regal stehen. Diese Kategorien unterliegen weniger strengen Vorschriften als natürliches Mineralwasser. Tafelwasser ist kein Naturprodukt und darf aus verschiedenen Wasserarten gemischt werden – Trinkwasser, natürliches Mineralwasser, Meerwasser, salzreiches Wasser wie Natursole sowie Zusätze wie Magnesiumchlorid und Natriumchlorid sind erlaubt. Eine amtliche Anerkennung ist nicht erforderlich.

Quellwasser stammt zwar aus unterirdischen Quellen und wird direkt am Quellort abgefüllt, muss aber nicht die strengen Anforderungen an Mineralwasser erfüllen. Es unterliegt den gleichen chemischen Grenzwerten wie die Trinkwasserverordnung vorschreibt. Bestimmte Stoffe wie Eisen, Arsen, Mangan und Schwefel dürfen entzogen werden, der Zusatz von Kohlensäure ist ebenfalls gestattet. Andere chemische Aufbereitungsverfahren sind jedoch nicht erlaubt.

Für Eltern ist diese Unterscheidung im Supermarkt kaum erkennbar. Alle Produkte stehen nebeneinander, die Flaschen sehen ähnlich aus, und ohne gründliches Studium des Kleingedruckten bleibt unklar, was genau im Inneren enthalten ist.

Warum werden überhaupt Zusatzstoffe verwendet?

Die Gründe für Zusätze und Behandlungen sind vielfältig. Manche dienen der mikrobiologischen Sicherheit, andere sollen die Haltbarkeit verlängern oder das sensorische Profil verändern. Wirtschaftliche Überlegungen spielen ebenfalls eine Rolle: Aufbereitetes Wasser lässt sich kostengünstiger produzieren als streng kontrolliertes natürliches Mineralwasser.

Bei Produkten für Kinder werden erhöhte Mineralstoffgehalte manchmal als besonders wertvoll dargestellt. Kinderärzte und Ernährungswissenschaftler betonen jedoch regelmäßig, dass gesunde Kinder solche Anreicherungen nicht benötigen und bei ausgewogener Ernährung alle notwendigen Nährstoffe erhalten. Experten empfehlen für die Zubereitung von Säuglingsnahrung ausdrücklich Wasser mit niedrigem Mineralstoffgehalt und ohne jegliche Zusätze.

So erkennen Eltern, was wirklich in der Flasche ist

Der wichtigste Schritt zum bewussten Einkauf ist das genaue Lesen der Etiketten. Die Bezeichnung „Natürliches Mineralwasser“ ist gesetzlich geschützt und unterliegt den strengsten Anforderungen. In Deutschland sind über 800 natürliche Mineralwässer amtlich anerkannt. „Quellwasser“ und „Tafelwasser“ sind zwar ebenfalls als Trinkwasser geeignet, dürfen aber stärker behandelt werden oder stammen aus unterschiedlichen Quellen. Wer sichergehen möchte, dass das Wasser möglichst naturbelassen ist, sollte ausschließlich zu natürlichem Mineralwasser greifen.

Auch wenn natürliches Mineralwasser keine Zutatenliste im klassischen Sinne benötigt, müssen alle Zusätze und Behandlungen angegeben werden. Begriffe wie „enteisent“, „entschwefelt“ oder „mit Kohlensäure versetzt“ weisen auf Eingriffe hin. Die Analysewerte zeigen die natürlich enthaltenen Mineralien – dabei gelten bestimmte Grenzwerte, etwa für Fluorid bei Kinderprodukten.

Kritisch bei Kinderprodukten sein

Gerade bei Wasserflaschen mit bunten Etiketten und Aufdrucken von Zeichentrickfiguren lohnt sich besondere Aufmerksamkeit. Marketing richtet sich gezielt an Kinder und ihre Eltern, sagt aber nichts über die tatsächliche Qualität aus. Nicht selten verbergen sich hinter der kinderfreundlichen Aufmachung Produkte, die sich nicht grundlegend von günstigeren Alternativen unterscheiden – außer im Preis.

Sind Zusatzstoffe im Mineralwasser gefährlich?

Die zugelassenen Behandlungen und Zusätze gelten als gesundheitlich unbedenklich, sonst wären sie nicht erlaubt. Dennoch stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit. Kleinkinder haben einen empfindlicheren Organismus als Erwachsene, und ihre Nieren müssen sich erst vollständig entwickeln. Deshalb empfehlen Experten für die Zubereitung von Säuglingsnahrung Wasser mit niedrigem Mineralstoffgehalt und ohne jegliche Zusätze.

Verbraucherorganisationen testen regelmäßig Mineralwässer und decken dabei gelegentlich Probleme auf. Ein Test von 55 Mineralwässern zeigte, dass die meisten überzeugten, aber in 14 Produkten wurden Bedenken geäußert – etwa wegen zu hoher Gehalte an Bor, Nickel, Uran oder Fluorid sowie Spuren von Pestizidabbauprodukten. In Sachen Nitrat gab es jedoch Entwarnung: In 28 getesteten Wässern wurden nur Spuren nachgewiesen, keine der Proben schöpfte die Grenzwerte auch nur zu 50 Prozent aus. Problematisch wird es, wenn Eltern im guten Glauben ein vermeintlich „besonderes“ Wasser kaufen und dafür mehr bezahlen, ohne dass ein echter Mehrwert existiert.

Alternativen und praktische Tipps

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte verschiedene Strategien verfolgen. In Deutschland ist Leitungswasser streng kontrolliert – zu über 99 Prozent werden die rechtlichen Vorgaben eingehalten. Das Umweltbundesamt attestiert ihm eine gute bis sehr gute Qualität. Große Wasserversorger müssen das Trinkwasser mehrmals täglich kontrollieren. Allerdings darf Leitungswasser im Gegensatz zu Mineralwasser aufbereitet werden – etwa 90 Zusatzstoffe und 9 Desinfektionsverfahren sind zugelassen, um das Wasser zu desinfizieren, zu entsäuern, zu enthärten und zu entsalzen.

Wasserquellen aus geschützten Gebieten versprechen höhere Reinheit als solche aus industriell genutzten Regionen. Verbraucherorganisationen veröffentlichen regelmäßig Testergebnisse, die Orientierung beim Kauf bieten. Teures „Kinderwasser“ ist meist überflüssig – einfaches natürliches Mineralwasser mit niedrigem Mineralstoffgehalt erfüllt denselben Zweck. Kleinere Mineralbrunnen setzen häufig auf Natürlichkeit statt auf Marketing und Zusätze, weshalb sich auch ein Blick auf regionale Anbieter lohnt.

Was sich ändern muss

Verbraucherschützer fordern seit Jahren mehr Transparenz bei Mineralwasser. Die aktuelle Kennzeichnungspflicht ermöglicht zwar grundsätzlich informierte Kaufentscheidungen, doch im Supermarktalltag bleibt vieles unklar. Die Unterschiede zwischen Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser sind für die meisten Verbraucher nicht auf den ersten Blick erkennbar. Zudem sollte die Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen stärker reguliert werden, besonders bei Produkten für Kinder.

Bis dahin liegt es an den Eltern selbst, sich zu informieren und kritisch zu hinterfragen, was sie ihren Kindern zu trinken geben. Wasser sollte einfach Wasser sein – ohne überflüssige Zusätze, ohne irreführendes Marketing, dafür mit maximaler Transparenz. Die amtliche Anerkennung von natürlichem Mineralwasser bietet dabei einen wichtigen Orientierungspunkt. Nur so können Familien die beste Entscheidung für ihre Gesundheit treffen.

Welches Wasser trinkst du am häufigsten zuhause?
Leitungswasser pur
Natürliches Mineralwasser
Spezielles Kinderwasser
Quellwasser oder Tafelwasser
Ich prüfe nie die Etiketten

Schreibe einen Kommentar